Nachhaltigkeitsstudie der deutschen Textil- und Modeindustrie auf dem roten Teppich in Schloss Bellevue

Bundespräsident Frank Walter Steinmeier: „Wir haben das Wissen und die Technologien“

14.06.2024

v.l.n.r.: Prof. Maike Rabe, HS Niederrhein; Johannes Diebel, Forschungskuratorium Textil; Dr. Robert Peters, Institut für Innovation und Technik; Eva Howitz, Initiative Lokaltextil

 

Berlin: Für Johannes Diebel, Leiter des Forschungskuratoriums Textil, war es ein besonderes Fest, am 4. Juni durch das Eingangsportal von Schloss Bellevue zur Woche der Umwelt zu kommen – in der Hand die fast fertige Nachhaltigkeitsstudie, an der er zusammen mit Wissenschaftlern und Praktikern die vergangenen Monate gearbeitet hat.

In seiner Rede brachte Bundespräsident Frank Walter Steinmeier genau das auf den Punkt, was auch in der Textil- und Modeindustrie gelebter Alltag ist. „Wir haben das Wissen und die Technologien und weitsichtige Unternehmerinnen und Unternehmer“ - war die Botschaft des Gastgebers der Woche der Umwelt, als er zur Eröffnung über die Chancen für Deutschland auf dem Weg in ein klimaneutrales Industrie- und Exportland sprach.

Doch bis es so weit ist, sind noch viele Hürden zu nehmen. Das wurde bei der Vorpremiere der textilen Nachhaltigkeitsstudie klar. Bis auf den letzten Platz war das Zelt gefüllt, als Johannes Diebel dem Publikum aufzeigte, was Unternehmen heute schon an Nachhaltigkeitsgesetzen alles einhalten müssen: Dabei ist das Dickicht von gesetzgeberischen Auflagen und Vorschriften so groß, dass sich selbst nachhaltigste Unternehmen darin verfangen, beschrieb Diebel die politischen Anforderungen, die die EU mit dem Green Deal und einer wahren Gesetzesflut der Wirtschaft ins Pflichtenheft geschrieben haben. Hier gelte es, Transparenz und Machbarkeit in Zukunft wieder in den Mittelpunkt der Gesetzgebung zu rücken. Unternehmen dürften nicht weiter in Papierbergen ersticken, das töte jede Innovation und am Ende auch die Unternehmen, die hier in Deutschland noch werthaltig produzieren und genau das textile Knowhow haben, das beispielsweise für den Aufbau einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft benötigt wird.

Was heute schon möglich ist, zeigte das Expertenteam anhand eines Strickpullovers, der zu zwei Dritteln aus den Fasern von Alttextilien entstanden ist, in diesem Fall abgetragene Arbeitsbekleidung. Auch Eva Howitz von der Initiative Lokaltextil in Leipzig hatte ein Kinder T-Shirt dabei, auf dem sich nicht nur der rote Dackel Rudi über die Lieferkette freut: Das Shirt wurde vom Garn bis zum fertigen Stück so lokal und transparent wie möglich angefertigt, erzählte die gelernte Modedesignerin, die in an diesem Tag auch für den Bundespräsidenten und die Bundesregierung eine Empfehlung mitgebracht hatte: Nachhaltige Beschaffung bedeute auch lokale Beschaffung, rät sie der Politik und wundert sich, was so alles zur Woche der Umwelt als Werbe-Taschen oder Werbe-Caps im Umlauf ist.  

Lokale Wertschöpfung ist auch eines der großen Themen von Professorin Maike Rabe von der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach, die den Gästen der Woche der Umwelt das eben gestartete Großprojekt von einer Textilfabik 7.0. vorstellte. Bis 2035 soll im Rheinischen Revier modellhaft für andere Branchen eine nachhaltige Textil- und Bekleidungsindustrie entstehen, mit modernen Arbeitsplätzen und textilen Produkten, die international wettbewerbsfähig sind.

Dr. Robert Peters vom Institut für Innovation und Technik, Mitautor der Nachhaltigkeitsstudie, nahm das Publikum der Woche der Umwelt auf eine textile Zukunft mit, in der einer der Schlüssel zur Nachhaltigkeit eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist. Abfall in Zukunft mehr als Rohstoff zu betrachten, wie am Beispiel des grauen Strickpullis, erscheint auf den ersten Blick banal und doch steckt darin noch so viel Entwicklungspotenzial.

Vorbestellungen zur Studie gern per Mail an info@textilforschung.de